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Unsere Liebe Frau von Dachau - Bedeutung heute für Dachau
Artikel: Unsere Liebe Frau von Dachau
5. Bedeutung heute:
5.1 Dachau
Der eher unscheinbare Standort wird leider von vielen Besuchern der Gedenkstätte übersehen. Das ist schade, denn die große Kraft der Gnadenmutter Unsere Liebe Frau von Dachau, bleibt dadurch für viele noch unentdeckt.
Nach Meinung der Geistlichen im KZ Dachau, stellt die Statue Maria mit dem Jesuskind auf der Flucht nach Ägypten dar, durch die Wüste, in der nach der Überlieferung und Volksfrömmigkeit die Dämonen wohnen. Darstellungen in alten Krippen (vgl. im Diözesanmuseum Freising) verdeutlichen das. Die Vorstellung war, dass das Jesuskind die Dämonen auf seiner Reise besiegt und vertreibt, sozusagen mühelos im Vorbeigehen. Die Geistlichen im KZ Dachau wussten sicher davon. Dämonen erlebten sie ständig um sich in den boshaften und grausamen Misshandlungen, Schikanen und Morden. Auf den Sieg Christi über alles Böse vertrauten sie, ihn erbaten sie, auch auf die Fürsprache unserer Lieben Frau von Dachau.
Auch wir sind heute mit dem Wirken des Bösen in unserer Welt konfrontiert. Vertrauen auch wir der überwindenden Kraft Jesu Christi, wie sie die Geistlichen im KZ Dachau erbeten und am Ende durch die Befreiung erlebten, auch durch die Vermittlung Unserer lieben Frau von Dachau!
P. Johannes Maria Lenz, Häftling im KZ Dachau, sah die Bedeutung Unserer Lieben Frau von Dachau nach dem Krieg folgendermaßen: „Sie hat noch eine große Mission in der Welt.“1 „U. L. Frau von Dachau! — 'Kann man euer Dachauer Marienbild auch wirklich als Gnadenbild verehren? Ist es durch Wunder bestätigt?' So fragte mich im Juli 1945 ein Priester in Bayern. Ganz gewiß! Das können wir ruhig behaupten. Ist nicht schon ihr Erscheinen in Dachau ein Wunder? Maria, der Schrecken der Hölle, in der Hölle des Lagers! All die Gottlosen konnten es nicht verhindern, daß die Königin des Himmels ihren Thron hier aufschlug. Sie konnten Maria auch nicht mehr vertreiben aus Dachau. Die Freunde Gottes hingegen - so verschieden in Sprache, Nation, Erziehung, Bildung und Lebensstellung - im Lobe unseres Gnadenbildes waren sie alle einstimmig.
Was hat uns dieses Bild im Lager wohl alles bedeutet! Wer kann je ermessen, wieviel leiblich-seelische Not der Priester in Dachau die erflehte Hilfe gefunden hat. Welche Wunder an Liebe, Trost und Kraft! Wie viele Andachten im gemeinsamen Gebet! Wieviel persönliches und heimliches Rufen und Flehen vor diesem Bilde der Mutter! Und das umso mehr bei der langen Trennung von der leiblichen Mutter, die viele noch besaßen. Und immer wieder pilgerte man nach vorne, um ganz nahe beim Heiland zu sein, ganz nahe auch bei Seiner lieben himmlischen Mutter.“ 2
In der italienischen Zeitschrift madre di dio,3 erschien folgender Leitartikel, der einen weiteren Aspekt der Bedeutung Unserer Lieben Frau in Italien aufzeigt. Auch von diesen Gedanken können wir in Deutschland und besonders in Dachau profitieren:
„Leitartikel Erinnern
Maria, die den Hass entwaffnet, hilf uns, nicht zu vergessen und zu lieben! Der piemontesische Dichter Nino Costa widmete viele Verse der Jungfrau Maria, der er sehr ergeben war. Das bekannteste Gedicht, das das Herz am meisten berührt, ist die 'Madonna der Soldaten', gedichtet nach dem tragischen Tod seines Sohnes, der in einer Schlacht im Kampf um die Befreiung getötet wurde. Maria wird als trauernde Mutter dargestellt, die unermüdlich ihre Söhne sucht in den verschiedenen Kriegsgebieten, sie alle versammelt, Freunde und Feinde, und sie begleitet ins Paradies.
Der Blick auf die Statue Unserer Lieben Frau von Dachau, auf der Titelseite4, zeigt Maria sehr liebevoll und tröstend. Sie lässt uns nachdenken über ihre Geschichte, die uns ins Innere des Lagers führt, in dem folgendes Gebet von Hunderten von Priestern und Ordensleuten während ihrer bedrückenden Haftzeit gesprochen wurde: „Unsere Liebe Frau von Dachau, die Du den Hass entwaffnest, hilf uns, nicht zu vergessen und zu lieben!“.
„Den Hass entwaffnen“, das heißt dem Gefühl der Bosheit entgegenzutreten, das immer Schmerz und Tod hervorruft. Mache uns frei von Gewalt und von Schuld. Es ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die von jedem von uns verlangt wird. Sie erfordert eine Bekehrung des Herzens und das ständige Gebet, wie Papstes Franziskus formulierte: „Wenn du voll Glauben betest, kannst du keinen Hass in deinem Herzen haben.“
„Hilf uns, nicht zu vergessen“: bei wie vielen Gelegenheiten im Laufe der letzten Jahrzehnte wurde betont, wie wichtig es ist, sich an die enorme Tragödie zu erinnern, die aufgrund menschlicher Bosheit über Millionen von Menschen hereingebrochen ist. Der aus dem Lager Auschwitz zurückgekehrte Schriftsteller Primo Levi hinterließ in seinem Tagebuch ein sehr berührendes Zeugnis. Jeder wird durch die einprägsamen Zeilen bewegt und ermahnt, diese Grausamkeiten nicht zu vergessen, in der Hoffnung, dass sie sich niemals mehr wiederholen.
Wir bitten Unsere Liebe Frau von Dachau, uns zu helfen, zu lieben, unsere Herzen für andere zu öffnen. Manchmal erscheint uns die Realität jedoch schmerzhaft und Gott scheint distanziert und gleichgültig. Paul Claudel schrieb: „Gott ist nicht gekommen, um das Leiden zu erklären, sondern um es mit seiner Gegenwart zu füllen.“
Es scheint fast unmöglich, an die Nähe des Herrn zu glauben, wenn man in Schmerzen versunken ist. In Dachau, vor der Statue der Madonna, fühlten die gefangenen Geistlichen sicherlich die „Gegenwart“ des gekreuzigten Jesus, der auferstanden ist.
Unter ihnen war der selige Giuseppe Girotti5, ein Dominikanerpater, der seine Gefährten bis zum letzten Moment mit dem Geschenk des Wortes Gottes zu trösten wusste, das er ihnen mit großer Tiefe und Fülle vermittelte.
Unsere Liebe Frau von Dachau lädt uns ein, so zu beten: „Heilige Mutter, lass uns den Herrn um Barmherzigkeit und Frieden anflehen, damit die Menschheit nie wieder so etwas Schreckliches tun wird. Du kennst das dunkle Übel der Sünde, das gegen unschuldige Frauen und Männer wütet, wegen Hass und Rassismus, der die Herzen verblendet.“6
1 P. Johannes M. Lenz, Christus in Dachau, Mödling 1960, 10. Auflage S. 167
2 P. Johannes M. Lenz, Christus in Dachau, Mödling 1960, 10. Auflage S. 167
3 Zeitschrift Madre di dio, Nr. 4/22, S. 1
4 Zeitschrift Madre di dio, Nr. 4/22
5 Zeitschrift Madre di dio, Nr. 4/22
6 Zeitschrift Madre di dio, Nr. 4/22, S. 2, Übersetzung ohne Gewähr, Familie Volz-Turban