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Dankeswerter Weise stellt uns Frau Annette Froehlich einen Auszug aus Ihrem Buch, Pfarrer August Froehlich, Vom Widerstand gegen NS-Willkür zum Märtyrer, zur Verfügung. Die Informationen lassen Pfarrer Froehlich und sein Leid im KZ Dachau vor unsern Augen deutlich werden. Zur weiteren Beschäftigung mit dem Glaubenszeugen empfehle ich das unten angegebene Buch.
DER LEIDVOLLE TOD IM KZ DACHAU
Elf Monate wurde Pfarrer Froehlich durch drei Konzentrationslager geschleppt. Vom berüchtigten Lager Buchenwald kam er über Ravensbrück nach Dachau. Nur spärlich sind die Lebenszeichen, die er geben durfte, im ganzen zwei Postkarten und vier kurze Briefe. Alle Zeilen atmen den Geist einer großherzigen, verzeihenden und wohltätigen Liebe. Mit dem letzten Rest seiner Habe bedenkt er die Armen und gibt genaue Anweisungen, welche Unterstützungen zu zahlen sind. Auch Angehörigen von Mitgefangenen lässt er Geldbeträge überweisen. Er erkundigt sich nach allen. Wie es ihm selbst geht, schreibt er nicht. Nur einmal lüftet er etwas den Schleier. Von Ravensbrück aus schreibt er, indem er sich auf die vor seiner ersten Verhaftung getroffene Abmachung bezieht: „Die Natur erwacht auch hier. Auch wir müssen zu neuem Schaffen den Finger krumm machen!“ Es geht ihm also schlecht. Wohl regt sich in ihm ein tiefes Heimweh, das Verlangen nach Wiedersehen und mehr noch die Sorge um das Wohl seiner Mitmenschen, ganz besonders seiner Pfarrgemeinde. Es sind aber nur mehr letzte Zuckungen seines Lebenswillens. Seine letzte Nachricht, die er am 30. Mai 1942 bereits mit völlig veränderten Schriftzügen seiner Schwester widmet, ist sein Abschiedsgruß an diese Welt. Seine große selbstlose Liebe klingt noch nach in seinen letzten Worten: „Seid nicht traurig!“
Ein Priester des Bistums Berlin, Pfarrer Dr. Willig, der Ende Mai 1942 in Dachau eingeliefert wurde, hatte Gelegenheit, mit Pfarrer Froehlich noch kurz vor seinem Tode zusammenzutreffen. Er schrieb darüber im Petrusblatt (1. Jg., Nr. 4, S. 9 „Berliner Priester im Konzentrationslager“):
„Mit Pfarrer Froehlich war ich einige Tage zusammen. Wir hatten oft Gelegenheit, uns auszusprechen. Er kam zuvor von Buchenwald nach Dachau. In Buchenwald war er in der Strafkompanie und wurde besonders schlecht behandelt, so dass er über hundert Pfund abgenommen hatte. Sein Kopf war über und über mit Geschwüren bedeckt. In Buchenwald log man ihm vor, er werde frei werden, dies könne aber in diesem Zustand nicht geschehen; deshalb komme er nach Dachau, um sich dort zu „erholen“. Ende Juli sollte er dann von Dachau aus entlassen werden. Pfarrer Froehlich war voller Hoffnung gewesen. Nach einigen Tagen kam er dann wegen seiner Geschwüre in den Krankenbau, und ich wurde auf den Priesterblock verlegt, so dass ich keine Verbindung mehr mit ihm hatte. Ende Juni ist er dann auf dem Krankenbau gestorben. Es war für ihn ein großer Trost zu hören, dass man an seinem Schicksal großen Anteil genommen hat und auch über die Gründe seiner Verhaftung — nämlich die Sorge für polnische Arbeiterinnen — gut orientiert war.“
Ein anderer Mithäftling von Pfarrer Froehlich, Rudolf Mößmer aus Witzenhausen, schrieb nach seiner Befreiung aus dem KZ an den Bischof von Berlin:
„Es war für mich ein furchtbarer Anblick, im KZ eine hagere, große Gestalt zu erblicken. Ruhig und stumm lief jene Gestalt, bald dem Zusammenbrechen geweiht, die Lagerstraße auf und ab. Dieser Mann, groß und schmal, bleich die Wangen und die Augen tief liegend, tat mir furchtbar leid. Was mochten ihm für Gedanken durch den Kopf gehen? Wie ein gehetztes Wild stand er vor dem mit Starkstrom geladenen Stacheldraht. Mochte er wohl Selbstmord verüben? Nein! Da habe ich mich geirrt. Egal, was bekümmert mich jener Mann, der den Tod vor Augen sieht, aus seinen vor Hunger abgezehrten Gesichtszügen…. Es stellte sich heraus, dass ein Priester aus Ihrer Diözese Berlin vor mir stand, mit Namen Pfarrer Froehlich…. Viele Wochen waren wir noch beisammen. Arbeit und Gebet waren unsere Abwechslung. Er wurde jeden Tag weniger… Pfarrer Froehlich war durch kolossal schlechte Behandlung der SS körperlich so weit heruntergekommen, dass er nur noch wandelte wie eine Mumie, ein Knochengerippe mit dünner Haut darüber; aber geistig sehr wachsam. Das Gebet und die Hoffnung verlängerten ihm das Leben. Oft gab er den Wunsch von sich: ‚Noch einmal die hl. Messe lesen und dann sterben.‘…
Alle Priester, die ihn kennen, sollten ein Vaterunser für ihn und alle KZ-Häftlinge, die ihr Leben lassen mussten, beten. Denn Froehlich und alle Priester, die hinter dem Stacheldraht starben, starben schwer und grausam.“
Diesen Eindruck gewannen auch die nächsten Angehörigen von Pfarrer Froehlich, die vor der Einäscherung nur den Kopf des Toten sehen durften. Er war so entstellt, dass sie nur an den Spuren seiner Kriegsverletzungen den Bruder erkennen konnten. Der Anzug des Toten, der ihnen zurückgegeben wurde, wies zahlreiche Blutflecke auf, — letzte, stumme Zeugen seines leidvollen Todes.
Viele Beweise von Freundestreue und dankbarer Liebe sah Pfarrer Froehlichs Grab. Obwohl die Bekanntgabe des Tages seiner Beisetzung verboten worden war und trotz strömenden Regens fand sich zu seiner Beerdigung auf dem Matthias-Friedhof am 28. Juli 1942 eine große Trauergemeinde zusammen. Sie war ein eindringlicher stummer Protest gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und zugleich ein offenes Bekenntnis der Treue und Liebe der Gläubigen zur Kirche und ihren Priestern.
Auszug aus: Pfarrer August Froehlich, Vom Widerstand gegen NS-Willkür zum Märtyrer, Eine ergänzende und erweiterte Neuauflage des bereits im Jahre 1947 erschienenen Werkes, Annette Froehlich (Hrsg.), Verlag Traugott Bautz, 2009.