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Foto: Kreuz auf dem Glockenturm der Todesangst-Christi-Kapelle auf dem Gelände der Gedenkstätte des KZ Dachau, Rechte beim Verein Selige Märtyrer von Dachau e.V.
Weitere Dachauer Häftlinge vor der Seligsprechung
56 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Dachau wurden bisher seliggesprochen, einer, Titus Brandsma, zählt bereits zu den Heiligen der Kirche. Weitere Häftlinge aus dem KZ könnten bald zur Ehre der Altäre erhoben werden. Die französische Bischofskonferenz hat bereits 1988 ein Seligsprechungsverfahren für 50 junge Männer begonnen, die im Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt und dort aus Glaubenshass getötet wurden. Es waren Priester und Seminaristen, aber auch Laien. Neun von ihnen wurden als Häftlinge im KZ Dachau eingekerkert oder starben auf dem Transport dorthin – Geistliche, Soldaten, Metzger, ein Kesselschmied und ein Bauer.
Beim Zwangsarbeitsdienst mussten ab Anfang 1943 hunderttausende junger Franzosen in
Deutschland die Kriegswirtschaft in Fabriken, der Landwirtschaft, bei der Reichsbahn und anderswo unterstützen. Sie ersetzten zum Kriegsdienst eingezogene Männer. Berlin, Thüringen und das Rheinland waren die Regionen mit der größten Zahl von Zwangsarbeitern. Für sie erlaubten deutsche Behörden keinerlei religiöse Betreuung. Der Erzbischof von Paris, Kardinal Emmanuel Suhard, hatte als erster die Idee, für sie eine illegale Seelsorge einzurichten. Er forderte die französischen Bischöfe auf, zu diesem Zweck getarnte“ Priester als Freiwillige nach Deutschland zu schicken. 26 meldeten sich. Ihre Aufzeichnungen lassen erkennen, dass sie von ihrem Glauben getragen wurden und ihr Leben bewusst aufs Spiel setzten. Aber nicht nur sie betrieben Untergrund-Seelsorge. Auch selbst zur Zwangsarbeit gezwungene Priester, Seminaristen und Mitglieder der Katholischen Aktion engagierten sich trotz des Risikos. Viele wurden verhaftet, gefoltert in Konzentrationslager gebracht und getötet.
In der drei Jahrzehnte dauernden diözesanen Phase des Seligsprechungsverfahrens wurden die Motive jedes einzelnen Kandidaten genau unter die Lupe genommen. Für die Anerkennung eines Martyriums müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: Die Verfolgung muss aus Hass auf den Glauben geschehen sein, und der Verfolgte muss im Glauben verharrt und das Martyrium angenommen haben. Das war nach den Ermittlungen bei allen 50 Kandidaten der Fall. Maurice de Germiny, der Delegierte des Erzbischofs von Paris für den Seligsprechungsprozess, erklärte in der Frühphase des Verfahrens: „In den Fabriken mussten die Franzosen viel arbeiten und lebten unter schwierigen Bedingungen. Aber das Schwierigste für die Katholiken war zweifellos die spirituelle Wüste, in der sie lebten“. Bereits seit dem Jahr 2018 werden die Unterlagen des inzwischen weit fortgeschrittenen Verfahrens in Rom überprüft, um den Weg zu einer vielleicht baldigen Seligsprechung der Opfer des Nationalsozialismus freizumachen.
1945 wurden die Verhältnisse in überfüllten deutschen Lagern immer chaotischer. Alle neun Männer, die im KZ Dachau Häftlinge wurden oder auf dem Transport dorthin kurz vor der Ankunft starben, kamen in diesem Jahr ums leben, zwei noch nach der Befreiung als Folge der ihnen zugefügten Leiden. Für sechs dieser Männer führte ihr Weg zum Schluss über die selben Stationen. Jean Préhu, René Boitier, Jean Bernier, Philippe-Maurice Bouchard, Raymond Louveaux und Louis Paraire wurden nach der Deportation ins KZ Buchenwald mit einem Transportzug unter katastrophalen Bedingungen nach Dachau verlegt, aber nicht alle erreichten es auch. Das sind die Lebensläufe der Männer, die zur Ehre der Altäre erhoben werden sollen:
Jean Préhu
Jean Préhu wird am 27. März 1920 in Laval in Nordwestfrankreich geboren. Als Pfadfinder und Mitglied der Christlichen Studententischen Jugend tritt er am 13. Oktober 1938 im 39. Regiment der Festungsartillerie in Metz in die Armee ein. Am 17. Juni 1940 gerät er in der Gegend von Straßburg in deutsche Gefangenschaft. Er kommt zunächst ins Stammlager (Stalag) VI H in Düren, anschließend ins Stalag VI G in Bonn. Dort macht er die Bekanntschaft von Raymond Louveaux. Sie gründen eine katholische Arbeitsgruppe nach demselben Muster wie die Pfadfindergruppen in anderen Lagern. Jean Préhu wird am 17. September 1944 ins KZ Buchenwald deportiert und von dort am 12. November in das Außenlage Langensalza verlegt, wo er in einer unterirdischen Fabrik für die deutsche Rüstungsindustrie Flugzeugteile produzieren Am 27. April 1945 wird er während des Transports mit dem „Todeszug“ von Buchenwald nach Dachau kurz vor der Ankunft bei Passau erschossen.
Victor Dillard
Victor Dillard wird am 24. Dezember 1897 in Blois an der Loire geboren und 1931 zum Priester geweiht. 250 religiöse Bücher und Artikel stammen aus seiner Feder. Im Ersten Weltkrieg dienst er von 1916 bis 1919 als Unterleutnant, wird verwundet und nimmt nach Kriegsende an der französischen Besetzung deutscher Gebiete im Rheinland teil. 1939/1940 ist er Hauptmann der Artillerie und gerät in Gefangenschaft, kann aber fliehen. Im Herbst 1943 willigt er ein, als Untergrundseelsorger nach Deutschland zu gehen, um dort französische Zwangsarbeiter zu betreuen. Falsche Papiere weisem ihn zu diesem Zweck als Elektriker aus dem Departement Creuse im Zentrum des Landes und Vater von fünf Kindern aus. Als „freiwilliger“ Arbeiter komm er Anfang Oktober 1943 in Wuppertal an und wird einer Fabrik zugewiesen, in der er tatsächlich als Elektriker tätig ist. Schon nach wenigen Tagen feiert Victor Dillard aber im Krankenhaus von Elberfeld heimlich eine Messe. Er entfaltet eine intensive apostolische Tätigkeit, besucht alle erreichbaren französischen Arbeiterlager, schart rund 30 Helfer für Sonntagsmessen und Gesprächskreise um sich. Er wird am 22. April 1944 wegen „antideutscher politischer Umtriebe im Lager“ verhaftet und von der Gestapo verhört. Nach Aufenthalten in Gefängnissen in Wuppertal und in Barmen wird er am 28. November 1944 nach Dachau deportiert. Im Konzentrationslager stirbt er schon nach wenigen Wochen, am 12. Januar 1945, wegen der unmenschlichen Haftbedingungen an einer fortgeschrittenen Venenentzündung als letzlicher Ursache.
Pierre de Porcaro
Pierre de Porcaro wird am 10. August 1904 in Dinan in der Bretagne geboren und am 29. Juni 1929 in Versailles zum Priester geweiht. Sein Vater, ein Offizier, fiel 1916 im Ersten Weltkrieg. Der Neupriester wird von 1929 bis 1935 Lehrer und Kapellmeister am kleinen Seminar Notre-Dame de Grandchamp in der Diözese Versailles, dann 1935 bis 1943 Vikar im ebenfalls bei Paris gelegenen St. Germain en Laye. Im August 1939 rückt er als Pionier-Unteroffizier ein und wird am 23. Juni 1940 in den Vogesen von der deutschen Armee gefangen genommen. In Deutschland kommt er ins Stalag IX B in Bad Orb in Hessen und kehrt am 4. August 1940 nach der Entlassung zurück nach St. Germain en Laye. Sein Bischof bittet ihn 1943, als illegaler Seelsorger für Zwangsarbeiter nach Deutschland zu gehen. Porcaro ist einverstanden reist am 13. Mai ab. Der ausgebildete Lehrer für Französisch, Latein und Griechisch ist nun in Dresden Hilfsarbeiter. Nach einem Arbeitsunfall bekommt er Urlaub in Frankreich, kehrt dann aber trotz des Risikos nach Dresden zurück. Ein Denunziant verrät ihn, und er wird am 20. Januar ins Konzentrationslager Dachau deportiert. Pierre de Porcaro erkrankt dort an Typhus und stirbt am 12. März 1945 im Krankenrevier des Lagers. Einem Gefährten sagt er kurz vor seinem Tod: „Ich biete mein Leben für Frankreich an, ich nehme das Opfer an, das der Herrgott mir schickt“. Am Rand der Todesurkunde werden 1947 die selben Worte wie 1916 für seinen Vater vermerkt: „Gestorben für Frankreich“.
Henri Euzenat
Henri Euzenat wird am 6. September 1920 in Blesme in Ostfrankreich geboren. Er tritt als Kesselschmied bei der Staatsbahn im November 1940 der Christlichen Arbeiterjugend bei. Ein Gesetz der Vichyregierung sieht vor, qualifizierte Arbeitskräfte wie ihn nach Deutschland zu schicken. Am 13. Oktober des folgenden Jahres reist er mit 27 Kollegen nach Karlsruhe, um in einer Fabrik für Nähmaschinen zu arbeiten. Henri und andere junge Katholiken unterstützen nebenbei Landsleute, die als Zwangsarbeiter ins Land des Kriegsgegners kamen, mit praktischen und spirituellen Hilfsdiensten und Krankenbesuchen. Sie organisieren mit Hilfe deutscher Priester offiziell nicht zugelassene Messen in französischer Sprache und richten heimliche Studienzirkel bei Ordensschwestern ein. Sie nehmen sogar einen untergetauchten französischen Priester auf, der mit ihnen verbotene Messen feiert. Die Gruppe wird am 29. Januar 1944 von der Gestapo festgenommen. Ein eingeschleuster Spitzel hat sie verraten. Henri Euzenat wird zunächst im nahegelegenen Bruchsal inhaftiert und von dort am 4. Juli ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Am 17. August muss er weiter ins KZ Mauthausen in Österreich. Dort wird er gezwungen, in verschiedenen Kommandos bis zur völligen Erschöpfung arbeiten. Am 25. April 1945, zehn Tage vor der Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen, wird sein ausgezehrter Körper im Außenlager Gusen zum Krematorium gebracht. Kameraden sind sich später nicht einig, ob Henri Euzenat vor der Verbrennung schon tot war.
René Boitier
René Boitier wird am 8. März 1917 in Faremoutiers östlich von Paris geboren. 1933 ist er
Metzgergehilfe in der französischen Hauptstadt. 1939 zum Militärdienst eingezogen, gerät er im Juni 1940 in deutsche Gefangenschaft. Er kommt ins Stalag VI F in Bocholt im Münsterland und arbeitet in einer Schuhfabrik sowie auf Baustellen außerhalb der Stadt. Im Stalag VI G, in das er bald verlegt wird, lernt er den katholischen Pfadfinder Raymond Louveaux kennen und engagiert sich gemeinsam mit ihm bei verbotenen christlich motivierten Aktivitäten, darunter Theateraufführungen, Festen, katholischen Studienkreisen und der Organisation von heiligen Messen. All das reicht weit über die Stalags hinaus und richtet sich an französische Zwangsarbeiter in Deutschland. Am 22. August 1944 wird René Boitier verhaftet und über ein Gestapo-Gefängnis ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Im Außenlager Langensalza muss er in einer Rüstungsfabrik arbeiten. Am 7. April 1945 wird er im „Todeszug“ mit tausenden anderen ausgemergelten Häftlingen in Richtung KZ Dachau geschickt, weil sich amerikanische Truppen Buchenwald nähern. Nach mehr als zweiwöchiger Irrfahrt durch Böhmen und Bayern erreicht René Boitier durch unmenschliche Haftbedingungen todkrank am 28. April Dachau. Er erlebt noch die Befreiung des Lagers durch die US-Armee einen Tag später, stirbt dort aber völlig entkräftet am 1. Mai.
Jean Bernier
Jean Bernier wird am 24. Juni 1920 in Haironville bei Verdun geboren. Der Landwirt meldet sich im September 1938 beim 6. marokkanischen Schützenregiment in Verdun, gerät nach Kriegsbeginn in der Normandie in deutsche Gefangenschaft und kommt ins Lager Stalag VI G in Bonn. Er arbeitet zunächst bei der Reichsbahn und wird später Krankenpfleger. Gleich nach seiner Ankunft hilft er einem Pfadfinder, eine katholische Gruppe zu leiten, die Theater spielt, Orchestermusik macht und als Chor bei der Sonntagsmesse singt. Die Möglichkeit, zwischen seinem eigenen und den benachbarten Kommandos hin und her zu reisen, eröffnet ihm Möglichkeiten der weiteren illegalen Betätigung. Als ein ebenfalls im Stalag gefangener Priester das Lager nicht mehr verlassen kann, trägt er sogar geweihte Hostien zu den Menschen, die der Pater zuvor betreut hatte. Weil ein anderer an seiner Stelle unterschreibt und Briefe verschickt, gelingt es ihm, eine umfangreiche geheime Korrespondenz nach Frankreich zu schmuggeln. Am 6. August 1944 wird Jean Bernier verhaftet und zunächst in Köln, später im nahegelegenen Brauweiler eingekerkert. Der Vorwurf lautet „Gründung einer in Deutschland verbotenen Vereinigung und Gefährdung der Staatssicherheit“. Am 17. September 1944 wird er nach Buchenwald deportiert und muss in Langensalza in der Rüstungsindustrie arbeiten. Im April muss er im „Todeszug aus Buchenwald“ nach Dachau mitfahren. Einen Tag nach der Ankunft wird er dort am 29. April von amerikanischen Truppen befreit. Er ist aber so krank, dass er am 16. Juni 1945 auf der Rückreise nach Hause im Krankenhaus von Emmendingen bei Freiburg, kurz vor der französischen Grenze stirbt.
Drei Häftlinge, die vor der Seligsprechung stehen, starben im selben Todeszug aus Buchenwald, ehe sie Dachau erreichten:
Philippe-Maurice Bouchard
Philippe-Maurice Bouchard wird am 7. März 1916 in Nantes an der Loire geboren. Am 6. November 1936 meldet er sich freiwillig beim 27. Infanterieregiment als Feldwebel. Er gerät am 23. Mai 1940 in Desvres im Norden Frankreichs in Gefangenschaft und wird in ein Lager in Deutschland gebracht. Bouchard schickt als Schatzmeister des Hilfswerks für Kriegsgefangene rund zwei Millionen Francs, die gesammelt wurden, nach Frankreich. Er tritt in Raymond Louveauxs verbotene Pfadfinderorganisation ein und wird am 22. August 1944 von der Gestapo verhaftet. Über das Gefängnis Brauweiler und das Stalag VI G in Bonn kommt er ins KZ Buchenwald. Ab November muss er in einem unterirdischen Rüstungsbetrieb im Außenlager Langensalza arbeiten. Beim Transport im „Todeszug“ in Richtung Dachau wird Bouchard am 12. April 1945 in Nürschau in Böhmen von einem Bewacher erschossen.
Raymond Louveaux
Raymond Louveaux wird am 12. April 1913 in Aubervilliers, einem Vorort von Paris, geboren. Er wird Metzger und Leiter einer Pfadfinderorganisation. Am 23. November 1936 heiratet er. Aus dieser Ehe geht eine Tochter hervor. Am 2. September 1939 muss Louveaux zum 89. Infanterieregiment einrücken, bei dem er schon Wehrdienst geleistet hatte, wird am 5. Juni 1940 verwundet und gerät am 11. Juni in deutsche Kriegsgefangenschaft. Am 22. August 1944 wird er wegen verbotener Tätigkeit im katholischen Untergrund verhaftet und über das Stalag VI G ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Auch er muss im Außenlager Langensalza arbeiten. Raymond Louveaux stirbt am 18. April 1945 in Grün in Böhmen während des Transports mit dem „Todeszug“ in Richtung Dachau.
Louis Paraire
Joseph Paraire wird am 2. Dezember 1919 in Vincennes bei Paris geboren. 1938 tritt er den Franziskanern bei und nimmt als Seminarist im Studienhaus in Carrières-sous-Poissy den Ordensnamen Louis an. Bruder Louis gehört zu einem Dutzend junger Franziskaner, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt werden. Er wird bei der Reichsbahn in einem Güterbahnhof in Köln eingesetzt. Verschleppten Landsleuten in seelischer Not steht er als Mitglied der Katholischen Aktion bei, die im Sinne der katholischen Soziallehre Gesellschaft und Kirche mitgestalten will. Er und seine Freunde geben Ratschläge, trösten, besuchen Kranke und pflegen vielfältige Kontakte. Die Gruppe wird denunziert, am 13. Juli verhaftet und ins Gestapo-Gefängnis in Brauweiler eingeliefert. Von dort kommen die Insassen ins KZ Buchenwald. Im Außenlager Langensalza muss Bruder Louis Zwangsarbeit leisten. Als Amerikaner auch hier näherrücken, wird er am 7. April mit tausenden anderen mit dem „Todeszug“ zum KZ Dachau geschickt. Auf langer Irrfahrt durch Böhmen breiten sich Krankheiten aus. Wie viele andere leidet Bruder Louis an heftiger Ruhr, zeigt immer schwächere Lebenszeichen. Am 26. April 1945 stirbt er bei einem Zwischenhalt in Pocking bei Passau.
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