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Interview mit polnischer Gemeinde

Interview mit polnischer Gemeinde

Ein Interview der Zeitschrift der katholischen polnischen Gemeinde München mit Frau Monika Neudert, Sprecherin des Freundeskreises Selige aus dem KZ Dachau, ist auf polnisch nachzulesen. Link

Frau Irene Janitzek übersetzte für uns den Text:

Interview mit Monika Neudert über die seligen Märtyrer aus Dachau

Erschienen in der Zeitung der Polnischen Katholischen Mission München „Nasza Misja“ 1 (14), Ostern 2015
Übersetzung aus dem Polnischen von Irene Janitzek

München, 28.04.2015
„Im Grauen des Lagers haben sie Gott gefunden und ihn zu den anderen Häftlingen getragen“, betont Monika Neudert, Gründerin des Freundeskreises Selige aus dem KZ Dachau. Im Gespräch mit der Zeitschrift der polnischen Mission München „Nasza Misja“, („Unsere Mission“) sagte Frau Neudert: „Ich wünsche mir, dass immer mehr Pilger das KZ Dachau besuchen, hier sind die Gräb vieler christlicher Märtyrer, um hier zu beten und Gott zu finden. Schade, dass es im Gelände der Gedenkstätte des KZ Dachau keine Tafel gibt, die an die christlichen Märtyrer erinnert.“

„Nasza Misja“: Was hat sie dazu gebracht, dass sie sich um die Seligen kümmern, damit sie nicht vergessen werden; und die Erinnerung und Verehrung der seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau verbreiten?
M. Neudert: Bevor wir uns vor 20 Jahren entschieden nach Dachau zu ziehen, setzte ich mich damit auseinander, ob wir am Ort des Konzentrationslagers wohnen wollen.
Mein Onkel war in den Jahren 1933-1935 im KZ Dachau inhaftiert. Ich wusste auch, dass im KZ Juden ermordet wurden, weil sie zum auserwählten Volk Gottes gehörten. Deshalb dachte ich, ist in Dachau Märtyrerboden, kein Grund sich zu schämen in Dachau zu wohnen. Als wir schon in Dachau wohnten, erfuhr ich, dass im KZ Dachau auch viele Geistliche gefangen waren. Das hat mich beeindruckt. Im Jahr 2002 hörte ich in einen Vortrag von Frau Eleonore Philipp, dass schon 50 Häftlinge aus dem KZ Dachau selig gesprochen worden waren, u.a. waren unter den 108 polnischen Märtyrern, die 1999 selig gesprochen worden waren, 45 aus dem KZ Dachau. Auch über Bischof Michal Kozal und Karl Leisner und P. Titus Brandsma sprach Frau Philipp. Diese Persönlichkeiten haben mich fasziniert und dazu angeregt, in Bibliotheken und im Internet nach Büchern über Geistliche aus dem KZ Dachau zu suchen. So begann alles.

„Nasza Misja“: wie ist der „Freundeskreis Selige aus dem KZ Dachau“ entstanden?
M. Neudert: Eine Gruppe Bekannte traf sich zu Abenden mit Vorträgen zu verschiedenen Themen. Jeder bereitete einen Abend zu einem Thema, das ihm besonders am Herzen lag vor. Ich entschloss mich über die seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau zu sprechen, obwohl in dieser Runde nicht alle gläubig waren. Ich berichtete trotzdem, dass in Dachau die sterblichen Überreste der Häftlinge begraben sind und unter ihnen auch die Reliquien der Seligen. Das bedeutet für Christen eine Quelle spiritueller Kraft, die zu Gott führen kann. Seit Anfang der Kirche pilgerten Menschen zu den Gräbern der Märtyrern und fanden dort Hilfe. Um diesen Abend vorzubereiten las ich wieder viele Bücher über die Geistlichen aus dem KZ Dachau, die ich gesammelt hatte, um Zitate und richtige Daten verwenden zu können. Wie ich im Freundeskreis von dieser Vorbereitung erzählte, bekam ich Einladungen zu weiteren Vorträgen. Dabei kam es zu Begegnungen mit vielen Menschen, die sich ebenfalls für dieses Thema interessieren. Derzeit zählt unser Freundeskreis über 50 Mitglieder, aus Deutschland und darüber hinaus. Wir suchen Informationen über die Seligen aus dem KZ Dachau und organisieren z.B. Gottesdienste und Veranstaltungen zu runden Gedenktagen, so wie neulich zum 70. Todestag des seligen Stefan Wincenty Frelichowski.

„Nasza Misja“: Welchen der seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau schätzen sie am meisten und warum?
M. Neudert: Alle seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau liegen mir gleich am Herzen und ich bitte alle um ihre Fürsprache. Einige Beispiele fallen mir spontan ein: Die Persönlichkeit von Bischof Kozal fasziniert mich von Anfang an. Besonders mag ich auch Karl Leisner, sein Wahlspruch war: „Christus, meine Leidenschaft- ganz bin ich für Dich.“ Vor Jugendlichen spreche ich oft über Alojs Andritzki, einen begeisternden Jugendseelsorger, der immer strahlte. Mit seinen akrobatischen Fähigkeiten brachte er andere zum Lachen, auch im Lager. Auch Gerhard Hirschfelder mag ich sehr. Als im 3. Reich die katholische Jugendarbeit verboten war, organisierte er Jugendwallfahrten.

„Nasza Misja“: Was ist die wichtigste Botschaft für uns heute Lebende, die wir von den seligen Märtyrern empfangen können?
M. Neudert: Vor allem das Zeugnis des Glaubens. Der Glaube war auch möglich in der Hölle des KZ. Diese Männer hatten im Lager alles verloren, außer ihrem Glauben und ihrer Beziehung zu Gott. Ihm sind sie bis zum Ende treu geblieben. Trotz ihrer hoffnungslosen Situation gaben sie den Mitgefangenen Trost und Unterstützung. Sie blieben auch im KZ ihrer Berufung treu und arbeiteten heimlich als Seelsorger. Gerade in der grauenvollen Situation des KZ konnten sie Gott begegnen und ihn auch anderen bringen in den Sakramenten. Während meiner Vorträge erlebe ich, dass die Zeugnisse dieser Männer heute Menschen berühren, auch Nichtgläubige.

„Nasza Misja“: Was können wir tun, damit die seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau besser geschätzt und bekannt werden?
M. Neudert: Ich wünsche mir, dass viele Menschen die Gedenkstätte des KZ Dachau besuchen um an den Gräbern der Märtyrer zu beten und Gott hier zu finden. Wir dürfen die Seligen um ihre Fürsprache bei Gott bitten. Es ist schade, dass es auf dem Gelände der Gedenkstätte keine Tafel gibt, die an die seligen Märtyrer erinnert und die Besucher informiert, dass hier Glaubenszeugen ermordet wurden. Es fehlen auch Biografien und Informationen über die einzelnen Seligen in deutscher Sprache. Oft werden diese Märtyrer in ihren Herkunftsländern verehrt. Aber hier in Dachau, wo sie getötet wurden und wo sich ihre Gräber befinden, sind sie unbekannt. Ich habe auch der Stadt Dachau vorgeschlagen Straßen unserer Stadt nach Seligen zu benennen. Vielleicht wäre es möglich auf der Homepage der polnischen Mission deutschsprachige Informationen über die polnischen seliggesprochenen Märtyrer zu veröffentlichen.
Vor allem hilft es über diese Männer zu sprechen und sie so bekannt zu machen, damit ihr kostbares Erbe uns heute erreichen kann und die Menschen angeregt werden ihre Fürsprache zu erbitten.

„Nasza Misja“: Am 29.04.2015 feiern wir den 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau. Welche Gedanken kommen ihnen bei dieser Gelegenheit?
M. Neudert: Ich erinnere mich an die Worte des seligen Karl Leisner: „ Endlich frei, endlich wieder ein Mensch.“ Die Geistlichen im KZ haben Gott ihr Leben und ihre Leiden aufgeopfert für die Befreiung vom Nationalsozialismus. Z.B. Bischof Kozal, er bot Gott das Opfer seines Lebens an für die Befreiung der Kirche und Polens. Diese Männer haben das Martyrium erlitten und bewusst angenommen, um uns, den nächsten Generationen, eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ihr Wunsch war es, dass Gott siegen möge, nicht das grausame Regime des Nationalsozialismus. Wir sollten für ihr Gebet und aufgeopfertes Leiden sehr dankbar sein, ich glaube, dass sie bei Gott für uns Frieden und Freiheit erwirkt haben.
Ich denke, die heutige Welt hat dieses ihr Zeugnis noch nicht angenommen. Wir sollten erkennen, wohin sich unsere Welt entwickelt, wenn Gott fehlt. Wenn der Mensch, wie im Nationalsozialismus, seine Taten vor keinem Gott und Schöpfer verantworten muss, ist das Leben nichts mehr wert und der Mensch kommt soweit andere zu quälen und zu töten. Deswegen ist es wichtig, dass es keine Welt ohne Gott geben darf, wie es P. Hess, ein überlebender Benediktinerpater formulierte. Heute leben wir leider wieder in einer Welt, in der Gott am Rande steht und die Achtung vor dem Leben der anderen schwindet. Das ist sehr gefährlich.

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Verein Selige Märtyrer von Dachau e. V.

 



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